Der Kläger war ohne Fremdeinwirkung auf der Autobahn bei Tempo 100 km/h mit der Leitplanke kollidiert und zunächst bis zu einem Rastplatz weitergefahren. Nachdem er dort den entstandenen Schaden (Streifspuren über die gesamte linke Fahrzeugseite) in Augenschein genommen hatte, hatte er die Fahrt fortgesetzt.
Die Schadenanzeige an seinen beklagten Kaskoversicherer stellte der Kläger erst vier Tage später fertig. Die Reparatur des Fahrzeuges verursachte Kosten in Höhe von circa 22.000 EUR.
Der Beklagte meinte, er sei von seiner Leistung frei geworden, weil der Kläger vorsätzlich die ihn aus Buchst. E1.3 S. 2 AKB treffende Wartepflicht verletzt und hierdurch dem Beklagten wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall unmöglich gemacht habe. Die Regelung in den AKB lautet: "Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen und den Unfallort nicht verlassen dürfen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. ..."
Nach Meinung des OLG war der Beklagte nicht leistungspflichtig. Ein Fahrer verletze die in Buchst. E1.3 AKB festgelegte Wartepflicht jedenfalls dann, wenn er durch das Verlassen der Unfallstelle den Straftatbestand der Unfallflucht (§ 142 StGB) verwirkliche. So verhalte es sich hier. Denn aufgrund des Schadenbildes am Fahrzeug des Klägers sei davon auszugehen, dass bei der Kollision nicht nur ein erheblicher Schaden am eigenen Fahrzeug, sondern auch ein nicht völlig belangloser Fremdschaden (Beschädigung der Leitplanke) entstanden sei.
Der Kläger habe daher an der Unfallstelle warten müssen. Hierbei könne dahinstehen, ob es ihm zumutbar gewesen wäre, in unmittelbarer Nähe zur Unfallstelle, beispielsweise auf dem Standstreifen der Autobahn, anzuhalten, um den Unfall zu melden. Vorzuwerfen sei dem Kläger, dass er auch an der nächsten regulären Anhaltemöglichkeit - dem Rastplatz - weder die Polizei noch den Beklagten über den Unfall informiert habe.
Durch diese Pflichtverletzung habe der Kläger dem Beklagten wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall erschwert, beispielsweise dazu, ob er das versicherte Fahrzeug tatsächlich zum Unfallzeitpunkt gelenkt hatte, ob seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war oder andere Gründe für einen Wegfall oder eine Einschränkung des Versicherungsschutzes vorlagen. Der Verstoß gegen die Wartepflicht führte daher letztlich dazu, dass der Beklagte eine Schadensregulierung ablehnen durfte.
Finanzpartner Grau
Südstr. 4
71522 Backnang
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